Ein Blick zurück auf unser Programm 2011 Jesus Christ Superstar
Andrew Lloyd Webbers Rockoper Jesus Christ Superstar war im Theatersommer 2012 insgesamt 18 Mal auf Deutschlands größter Freilichtbühne zu sehen. Regie führte Manfred Straube, der bereits 2002 für die Inszenierung der etwas anderen Passion sorgte. Auf der Bühne mit dabei: Die Chöre, Tanzgruppen und das Orchester der Volksschauspiele und natürlich ein bestens aufgelegtes, mit professionellen Kräften verstärktes Ötigheimer Ensemble.
Handlung:
Ein Messias sorgt für Aufruhr in Jerusalem: Jesus ist sein Name. Für die von der römischen Besatzungsmachtunterdrückten Juden wird er zum Hoffnungsträger. Judas Ischariot, ein Jünger Jesus, beobachtet mit Sorge, wie das politische Ziel in den Hintergrund gerät, während Jesus zum Superstar avanciert. Als Judas‘ Mahnungen ungehört verhallen ist er schließlich bereit, seinen Freund zu verraten.
Freilichtbühne Ötigheim
Besetzung
Musikalische Leitung Matthias Hammerschmitt, Inszenierung Manfred Straube, Korrepetition Boris Feiner, Choreografie Andrei Golescu, Julia Krug, Kostüme Helmi Henssler, Bühnenbild Fridolin Müller, Bettina Scholzen, Regieassistenz Alexander Grünbacher, Sabine Speck, Spielleitung Markus Wild-Schauber, Rudi Wild, Aufführungsrechte Gallissas Theaterverlag und Mediaagentur GmbH mit freundlicher Unterstützung der Really Useful Group Limited
PERSONEN
Jesus von Nazareth Michael Eisenburger, Holger Marks, Maria Magdalena Nadine Hammer, Christina Gailfuß, Saskia Stößer, Judas Ischariot Hannes Staffler, Stefan Vinzberg, Pontius Pilatus Paul Hug, Maximilian Tüg, Kaiphas Florian Kontschak, Martin Kühn, Julian Baumstark, Annas Reinhard Danner, Kurt Tüg, Petrus Roman Gallion, Alexander Mergl, Herodes David Kühn, Fritz Müller, Bastian Nold, Simon Zelotes Christoph Dettling, Matthias Götz, 1. Priester Paul Kölmel, Paul Maier, 2. Priester Werner Bouché, Rudi Wild, 3. Priester Gerold Baumstark, Bernd Kessler, Mädchen am Feuer Nathalie Hegele, Corina Kühn, Soldat Martin Vogel, Thomas Weber, Ein alter Mann Josef Kühn, Kurt Pallmer, Die Jünger Uwe Bäuerle, Julian Baumstark, Felix Behringer, Christoph Dettlinger, Matthias Götz, Alexander Grünbacher, Christian Hunkler, Stefan Hunkler, Tobias Kleinhans, Julian Leber, Andreas Kuhn, Alexander Mergl,, Stefan Pikora, Lukas Späth, Johannes Tüg, Maximilian Tüg, Thomas Weber, David Weingärtner, Jacques Zeitvogel, Die Soul Girls Anja Bäuerle, Beate Behringer, Christina Gailfuß, Natalie Hegele, Anna-Doreen Jüngling, Katharina Heitz, Carolin Kohm, Corina Kühn, Nina Leber, Sarah Otterbach, Petra von Rotberg, Mareike Schmidtobreick,, Saskia Stößer, Lucienne Werner, Die Aussätzigen, Felix Behringer, Alexander Grünbacher, Anna-Doreen Jüngling, Andreas Kuhn, Mareike Schmidtobreick, Sonja Schwörer-Zeitvogel, Lukas Späth, Katharina Weiers, Christine Wild, Jacques Zeitvogel, Rockband, Bagger-Rüber Ensemble (Verantwortlich: Boris Björn Bagger)
Oldtimerbus, Wolfgang Fürrer
Orchester der Volksschauspiele Ötigheim, Tanzgruppen der Volksschauspiele Ötigheim, Großer Chor und Junger Chor der Volksschauspiele Ötigheim, Frauen, Männer und Kinder der Spielergemeinschaft der Volksschauspiele Ötigheim
Impressionen aus dem Stück Bildergalerie
Pressestimmen
AM FLAMMENKREUZ
Revolution steht an der Mauer der römischen Präfektur. Daneben Kampf. Jugendliche sprühen Tod oder Freiheit an die Fundamente des Tempels. Ein paar Meter weiter prangt Demokratie für alle. Graffiti in Jerusalem. Es ist die Brille des 21. Jahrhundert, mit der sich Regisseur Manfred Straube den letzten Tagen im Leben Jesu genähert hat. Seine Inszenierung von Andrew Lloyd Webbers Rockoper Jesus Christ Superstar will modern sein – und kann die Tradition doch nicht verleugnen.
Nicht nur die Graffiti-Sprayer verleihen dem biblischen Stoff eine aktuelle Note. Auch die Kostüme einzelner Akteure stammen aus modernen Kleiderschränken: Verräter Judas wirkt mit seiner Lederkluft wie ein Rocker, während Tempelwache und römische Soldaten einer düsteren Polizeistaats-Fantasie entsprungen scheinen. König Herodes, ein Lebemann im Glitzersakko, fährt stilecht im Mercedes vor – geschmückt mit israelischen Fähnchen.
Straube kann auch anders: Das Letzte Abendmahl erscheint bei ihm ganz im traditionellen Gewand. Auch die Kreuzigungsszene unterscheidet sich nicht von einer klassischen Passionsdarstellung. Stehen während des gesamten Stücks Musik und Gesang im Mittelpunkt, spricht hier nur Jesus: Es ist vollbracht – ganz so, wie es die Evangelien überliefern.
1971, als Andrew Lloyd Webber seine Rockoper vorstellte, hagelte es Kritik von Christen: zu modern, zu sehr aufs menschliche beschränkt, zu wenig Heilsgeschichte. Diese Zeiten sind vorbei. Auch Straubes Inszenierung im badischen Ötigheim findet kirchliche Zustimmung: Ortspfarrer Penka sieht in dem Musical die Möglichkeit, den Glauben jüngeren Generationen zu vermitteln. Chrstliches hat Tradition bei den Volksschauspielen. 1976 wurden sie von dm katholischen Priester Josef Saier ins Leben gerufen.
Viele Inszenierungen der Rockoper enden mit Kreuzigung und Tod. Nicht so in Ötigheim: Regisseur Straube lässt das Kreuz Christi in Flammen aufgehen. Das Lodern des Feuers inmitten eines nachtschwarzen Bühnenbildes symbolisiert des Sieg Jesu über den Tod: die Auferstehung. Christlicher geht es nicht.
HEILBOTSCHAFT IM ZEICHEN DES POP
Nicht nur die Hosanna-Fufe des Palmwedel schwenkenden jüdischen Volks klingen in Jesus Christ Superstar wie Fangeschrei für einen Popstar – nach Hero, Party, Euphorie oder manch anderem unterstützendem Rauschmittel. Beim fulminanten Einzug in die besetzte Stadt der Juden an Palmsonntag, mit dem die Volksschauspiele ihre erste, beeindruckende Volksszene präsentieren, wird die gut 2000 Jahre alte, damals provozierende Botschaft in Manfred Straubes Neuinszenierung des Musicalklassikers von Andrew Lloyd Webber auch zum aktuellen Statement über Glaube, Liebe, Kirche.
Junge Christen sind zu dem Ereignis im alten Bus (des Rössls) nach Jerusalem gekommen (und ernten Lacher), sorgen für Aufruhr und treten als Sprayer auf, die ihre Parolen einer faszinierenden Heilbotschaft unters Volk bringen wollen. Auf der Freilichtbühne Ötigheim zieren Graffitis wie riesige Comics mit den umstürzlerischen Ideen im Bühnenbild von Fridolin Müller und Bettina Scholzen den Mittelbau, wo noch die Kathedrale von Reims als Kulisse aus der Jungfrau vom letzten Jahr im Zentrum steht, allerdings eingerüstet. Die Kirche ist jetzt nicht mehr Stätte der Krönung, sondern im Umbau.
Die alte Leidensgeschichte aus Jerusalem ist in Ötigheim Pop, die Botschaft der christlichen Passion Pop Art, die Verehrung grenzt an zerstörerischen Personenkult. Pop war 1971 zur Entstehungszeit des Musicals, als die Hippie- und Flower-Power-Bewegung auf ihrem Höhepunkt war, Revolution für die Jugend. Heute ist Pop auch Event mit Megastars. Das Ereignis gilt uns mehr als die Botschaft. Jesus Christ Superstar ist kein Passionsspiel, nicht spirituell und verweigert sich einer allzu religiösen Deutung. Jesus rockt und ist gar nicht fromm.
Der aus Ludwigshafen stammende Tenor Holger Marks hat bei der Premiere am Samstag die Hauptrolle in Jesus Christ Superstar gesungen – und die verrockte Passionsgeschichte bis zum einsamen Tod am Kreuz auf eindrucksvolle Weise getragen. Auch wenn er kein strahlender Held ist und sein Stern dunkel umwölkt. Als Messias zeigt er Nerven, ist zerrissener erschütterter Jesus von Nazareth. er sucht Trost bei der Prostituierten Maria Magdalena (Nadine Hammer) und erhält Streicheleinheiten durch ihre einfühlsame Sopranstimme, mit der sie in dem berühmten Webber-Song I Don’t Know How to Love Him über die unerreichbare Liebe sinniert. Marks‘ Jesus unterstreicht mit kraftvoller, klarer Stimme das Selbstverständnis eines aus der Menge herausragenden, charismatischen Menschen, der nicht von dieser Welt scheint. Sein Blick ist unruhig, er ist überfordert von den Ansprüchen seiner Fans, ein Superstar wieder Willen. Den erwarteten Messias haben sie sich anders vorgestellt: Jesus‘ Gottergebenheit provoziert auch die Anhänger, die von ihm Wunder erwarten und den Kampf gegen die Unterdrücker. Selbst die reizenden Ballettmädchen, bauchfrei im Mini, recken Maschinenpistolen wie Befreiungskämpferinnen in die Höhe. Ihr Messias bietet freilich aber nur friedlichen Widerstand mit einkalkuliertem Erlösertod. Und daran zweifelt sogar er selbst ab und an.
Nicht, dass Regisseur Straube mal eben den Nahost-Konflikt auf die ehrwürdige Waldbühne der Ötigheimer gehoben hätte, sein Jesus Christ Superstar wirkt mit einer Mischung aus stilisierten historischen Gewändern und Cops im schwarzen Lederoutfit, die Christen jagen, irgendwie zeitenthoben (Kostüme: Helmi Henssler).
Jesus‘ Gegenspieler, der enttäuschte Rocker Judas, auch in schwarzem Leder, der dem Rummel um den vermeintlichen Messias ein Ende machen will, ist ein angry young man. Stefan Vinzberg spielt ihn als Zweifler, Verzweifelter, Verräter eindringlich. Leider kommt seine wütende Anklage an Jesus mit donnernder Stimme auch ein wenig zu undeutlich rüber. Und da Tim Rice dem zwielichtigen Judas die Rolle des Erzählers über die letzten sieben Tage Jesus‘ vom Palmsonntag bis zum Tod am Kreuz zugedacht hat, geht so manches an Empörung dieser zentralen Figur unter. Trotzdem geht der große Plan der Erlösung auf.
Dafür versteht man den jüdischen Hohepriester Kaiphas (Florian Kontschak mit beeindruckendem Bass) und seinen Rat aus ausgezeichneten Ötigheimer Sängern – allen voran Annas (Reinhard Danner) – bei ihrem Machtspiel umso besser. Statthalter Pontius Pilatus (Maximilian Tüg) wirkt im glänzenden Hausanzug zu dekadent und schwach, als dass er diesen eher mafiösen Wächtern des Glaubens den geforderten Opfertod Jesus ausreden könnte. Schließlich ist auch Pilatus‘ Boss recht halbseiden.
Es steckt viel drin in Straubes Neudeutung von Jesus Christ Superstar. Hinter der Geschichte blitzt die Historie des Musicals selbst, dessen unorthodoxe Blumenkinder-Botschaft immer wieder Protest von Gläubigen provozierte, auf, wenn kommunemäßig auf Decken gelümmelt wird. Es gibt Schockeffekte und eben Anspielungen auf moderne Despoten aus dem Nahen Osten, die die Staatskarosse mit dem Stern bevorzugen. Herodes (Fritz Müller) kommt so im Glitzeranzug wie ein dubioser Nachtclubbesitzer samt aufreizendem Damengefolge zum Jesus-Verhör und verspottet den Gepeinigten mit mephistophelischem Grinsen. Frech und hintersinnig wirkt das 30 Jahre alte Musical mit den revuehaften Tanzeinlagen. Zeremonienmeister Straube fügt alle Fäden stimmig zusammen, und bei allem Spaß wahrt die Rock-Oper den nötigen Ernst.
Vom groß besetzten Ötigheimer Orchester und der Leitung von Matthias Hammerschmitt wird die zügige Inszenierung schwungvoll vorangetrieben und vom Bagger-Rüber Ensemble kraftvoll unterstützt. Die bestens einstudierten Chöre unterstreichen, was Jesus Christ Superstar so ergreifend macht und von den Passionsspielen eklatant unterschiedet. Das Leiden und Sterben Jesus am Kreuz endet im dunkel. An Karfreitag ist aus.
Am Schluss steht theologisch gesehen eher Ratlosigkeit. Was soll dieses grausame Ende? Waren die Menschen nicht fremdgesteuert für den göttlichen Erlöserplan? Wird der sich erfüllen, und ist das überhaupt realistisch? Diese Fragen bewegen bis heute. Das nachdenkliche Ende des Musicals ist nicht das schlechteste. Alles eine Frage des Glaubens.
HERODES FÄHRT MIT DEM MERCEDES VOR
Der kleine Junge wars. Keinen Meter groß und blond ist er; zwei höchstens drei Jahre alt. Im braunen Leinengewand sitzt er mit seiner Tasche mal einen Keks essend auf den Stufen der Freilichtbühne, mal auf den Schultern der Mutter, mal auf dem Arm der Schwester vielleicht. Und er ist der personifizierte Charme von Ötigheim. Er ist nur einer, aber mit Abstand der kleinste und jüngste von vielen Statisten aus dieser Gemeinde, Menschen wie du und ich, ganze Familien, Jahr um Jahr in einer ehemaligen Kiesgrube ihre Volksschauspiele stemmen. Aus purem Idealismus, aus Spaß an der Sache. Mitreißend, höchst motiviert und fast schon bekehrend eröffneten sie jetzt den Theatersommer 2011 mit der Premiere der Rockoper Jesus Christ Superstar. Und wieder machen Laienschauspieler – verstärkt von Profis – auf zauberhafte Weise zwischen Bäumen, Felsen und wirkungsschwangeren Bühnenbauten klar, was diese große Freilichtbühne ausmacht: die Lust am Schauspiel und eine Natur-Kulisse, die ihresgleichen sucht.
Zum zweiten Mal webte Manfred Straube, in Ötigheim seit vielen Jahren im Bereich Musiktheater tätig, den Stoff der etwas anderen Passion für Ötigheim neu. Zuletzt 2003 und diesmal mit dem Ziel, die Passionsgeschichte bewusst in die Gegenwart zu transferieren und aus der Sicht der Menschen des 20. Jahrhunderts zu erzählen. Mit Diskussionen um den Bruch der kulturpolitisch-christlichen Linie der Volksschauspiele musste man sich diesmal nicht erst beschäftigen. Seit das Wagnis 2003 schon einmal gelungen war, die Passionsgeschichte mit Andrew Lloyd Webbers nicht gerade konventioneller Deutung der Heilsgeschichte, in Ötigheim zu präsentieren, hat Straube Feuer frei für neue Einfälle. Was er nutzt, nicht nur mit einem brennenden Kreuz.
Volksnah, ziemlich menschlich und recht freizügig geht es zu, wenn nicht Römer, sondern Sondereinsatzkommandos der Polizie Jesus und seine Fans zwischen Graffiti und Hot-Pants (eine kesse Tanzgruppe) an den Kragen gehen. Die gigantische Fassade einer romanischen Kathedrale verankert das Geschehen, wenn auch nicht um 30 nach Christus, so doch in frühere Vergangenheit. Ein Oldtimerbus fährt Jesu Anhänger und damit den Großen Chor ins Geschehen, ein Mercedes wird später Herodes ins Rampenlicht chauffieren.
Mit derlei Details sowie einigen lasziven Tanzeinlagen mischt sich in den beiden musikalisch wie dramaturgisch berührenden Stunden der Charme längst vergangener Zeiten mit der Jetztzeit, in der die Hinrichtung des Erlösers zum Medienspektakel wird. Vor laufende Kamera und mit Mirkofonangel nimmt der Verrat Judas‘ seinen Lauf. Ob es ausgerechnet Glitzer-Putten sein müssen, die das Loblied auf Jesus, den Superstar betanzen, sei mal dahingestellt. Aber prickelnd ist es schon, was Straube sich da einfallen ließ.
Bei den Rollenträgern setzt er auf eine Mischung aus hauseigenen Amateurkräften und Profi-Sängern. Und man kann sich nur wundern, dass die Laien den Profis mitunter in nichts nachstehen. Mit Maximilian Tüg hat Straube einen hervorragenden Pontius Pilatus rekrutiert, der wie auch Roman Gallion als Petrus ein erfahrener Spieler aus den Reihen der Volksschauspiele ist. Stimmlich eroberte sich dieser Pontius Pilatus die Herzen des Publikums mehr als Profi-Sänger Stefan Vinzberg, der den Judas zwar mit der nötigen Verzweiflung darbot, seinen an sich sauberen Tenor aber zu sehr forcierte. Überhaupt litt die Textverständlichkeit stellenweise, weil die Begleitung schlichtweg zu laut in die Lautsprecher gemischt wurde (am stärksten in Herodes‘ Song). Schade, weil sowohl das Orchester unter Leitung von Matthias Hammerschmitt und auch die Rockband (das von dem Karlsruher Hochschulprofessor Boris Björn geführte Bagger Rüber-Ensemble) die so beeindruckenden und eingängigen Melodien des Musicals sinnlich und stimmgewaltig untermalten.
Superstar des abends war freilicht Holger Marks als Jesus von Nazareth, schon 2003 in dieser Rolle und auch jetzt wieder absolut charismatisch zu erleben. Ebenfalls überzeugend mit sonorem Bass ist Florian Kontschak als Kaiphas, wie auch Nadine Hammer als leidenschaftliche Maria Magdalena, ein neues Gesicht in Ötigheim. Reinhard Danner stach in der Nebenrolle des Annas heraus. Beteiligt an dieser völlig zeitnahen Passion mit vielen jungen Darstellern waren auch die hervorragend aufgewühlte Truppe der Jünger, kesse Soulgirls und imposante Aussätzige. Insgesamt 18-Mal kann man sich mit diesem gelungenen Spektakel bekehren lassen.
Und wer sich einfach nur Gänsehaut mit rockigen Rhythmen, melancholisch-folkloristischen Melodien und einem bezaubernden kleinen Jugen inmitten leidenschaftlicher Laiendarsteller unter die Haut treiben lassen möchte, ist hier ebenfalls bestens aufgehoben.
JESUS CHRIST SUPERSTAR
Nicht nur Massen an Menschen spielten bei Jesus Christ Superstar bei den Volksschauspielen Ötigheim mit. Am 26. Juni strömten auch die Besucher in Massen. Sie bekamen eine Rockoper nach Maß: Das Stück war etwas wild, recht laut und zudem schrill. Ich fragte mich, wie würden wohl die letzten Tage von Jesus in der Rockoper Jesus Christ Superstar aussehen? Und gleich meine Antwort: Es war großartig, was alle Darsteller der Volksschauspiele Ötigheim gezeigt haben. Mich begeistern immer wieder die Massen von Menschen auf der Bühne. Und das sind doch bis auf die Hauptdarsteller alles Laien.
Die Texte zur Oper schrieb Tim Rice, und der damals noch unbekannte Andrew Lloyd Webber komponierte die Musik im Jahr 1971. Er war in den wilden 68ern gerade 20 Jahre alt. Das wirkt in dieses Stück hinein. Da werden Wände mit Graffiti besprüht und Flugblätter mit Jesus ist der Größte oder Kämpfer für die Freiheit an die Besucher verteilt. Jesus (Michael Eisenburger), der Superstar, wird von Maria Magdalena (Christina Gailfuß) geliebt. Ein Oldtimer-Bus und Nobelkarossen fahren auf die Bühne. Mich hätte nicht gewundert, wenn Judas Ischariot (Hannes Staffler) plötzlich mit der Harley Davidson gefahren wäre. Er war als Rocker in schwarzem Leder gekleidet.
Überhaupt wird Judas in dieser Oper näher beleuchtet. Er streitet mit Jesus und wirft ihm vor, seine Ideale verraten zu haben. Judas singt mit soviel Kraft, dass ich mir dachte, er werde am nächsten Tag bestimmt heiser sein. Besonders gut gefiel mir Maria Magdalena mit ihrer ausdrucksstarken Stimme mit dem Lied Wie soll ich ihn nur lieben?. Wie bereits erwähnt, beeindrucken mich die Massenszenen immer besonders. Ob es der bunte Markt vor der Vertreibung aus dem Tempel ist, oder die dramatische Verhaftung Jesus. Hier waren natürlich Fernsehkameras und Reporter live dabei. Auch ein Nachtklub mit leichten Mädchen bleibt Jesus nicht erspart. Der Besitzer fordert ihn auf, sich selbst zu helfen. Aber sein Weg ist durch seinen Vater vorbestimmt. Bei der ungeheuer ergreifenden Kreuzigung hatte ich Tränen in den Augen. Nachdem Jesus vom Kreuz abgenommen worden war, ging dieses in Flammen auf. Dieses in die heutige Zeit umgesetzte Geschehnis der letzten Tage im Leben Jesus war sehr beeindruckend. (…)
NACHWUCHSKRÄFTE LERNEN GERNE VON DEN PROFIS
Ein Messias sorgt für Aufruhr in Jerusalem: Jesus ist sein Name. Für die von der römischen Besatzungsmacht unterdrückten Juden wird er zum Hoffnungsträger. Judas Ischariot, ein Jünger Jesus, beobachtet mit Sorge, wie das politische Ziel in den Hintergrund gerät, während Jesus zum Superstar avanciert. Als Judas‘ Mahnungen ungehört verhallen, ist er schließlich bereit seinen Freund zu verraten. Mitten drin sind dabei Saskia Stößer, Christina Gailfuß und Julian Baumstark, denn die Geschichte spielt ab Ende Juni für zwei Monate auf Deutschlands größter Freilichtbühne in Ötigheim.
Jesus Christ Superstar lautet der Titel der packenden Inszenierung, für die in diesem Jahr wieder Erfolgsregisseur Manfred Straube verantwortlich zeichnet. Er setzt dabei nicht nur auf fünf Profiakteure und zahlreiche Ötigheimer Stammkräfte, sondern gibt auch jungen Schauspielern aus der Nachwuchsschmiede der Volksschauspiele eine Chance, sich vor ganz großem Publikum zu zeigen. Christina Gailfuß (29) und Saskia Stößer (20) proben derzeit für die weibliche Hauptrolle Maria MAgdalena, während Julian Baumstark (19) die Studierbesetzung des Kaiphas übernommen hat und sich schon jetzt darüber freuen kann, auch einmal in einer Aufführung mitwirken zu können. Denn für Manfred Straube sind die Nachwuchskräfte ein wichtiger Baustein der Ötigheimer Erfolgsgeschichte: Junge Menschen für das Theater zu begeistern, ist das eine, sie aber dazu zu bringen, anspruchsvolle Rollen zu spielen, ist das andere, so der Regisseur.
Alle drei Profikräfte haben jeweils einen Profischauspieler an ihrer Seite, der die gleiche Rolle spielt wie sie. Da kann man unheimlich viel lernen, die sich ihre Rolle bereits bei der Aufführung des Weißen Rössls mit einem Profi geteilt hat. Das ist Ansporn und Herausforderung in einem, schließlich spielen wir Theater als Hobby, während die Profis damit ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, so Christina Gailfuß. Deshalb will sich auch Saskia Stößer erst gar nicht mit einem Profi vergleichen: Die haben eine gesangliche und schauspielerische Ausbildung, deshalb können wir viel lernen, freut sich die 20-jährige über die Zusammenarbeit mit Profischauspielerin Nadine Hammer. Denn das Besondere in Ötigheim ist, dass die Nachwuchskräfte auch bei Aufführungen mitwirken, bei denen die Profis mit dabei sind. So singen Christina Gailfuß und Saskia Stößer im Chor mit, wenn Nadine Hammer als Maria Magdalena auf der Bühne steht. Dass die beiden dann besonders kritisch hinschauen, versteht sich von selbst.
Seine erste große Rolle hat in diesem Jahr Julian Baumstark übernommen, der neben Profi Florian Kontschak und dem Ötigheimer Urgestein Martin Kühn den Kaiphas spielen darf. Für mich ist das eine riesige Herausforderung, vor allem gesanglich, sagt Baumstark am Rande einer Probe. Ganz genau beobachtet er dabei vor allem Florian Kontschak, denn ich kann bei jeder Probe etwas dazu lernen, freut sich der Schüler.
Dass sie nicht bei allen Auffürhungen in den Hauptrollen mitwirken dürfen und auch das Spielen der Premiere am 25. Juni den Profis überlassen müssen, macht die Nachwuchsschauspieler nicht traurig. Wir wussten das von Anfang an und freuen uns, wenn wir dann bei weiteren Aufführungen an vorderster Front mitwirken dürfen, sagen Saskia Stößer, Christina Gailfuß und Julian Baumstark unisono. Genau können sie sich dabei noch erinnern, wie sie die letzten Aufführungen von Jesus Christ Superstar in Ötigheim vor acht Jahren miterlebt haben: als Kinder und Jugendliche, die im Volk mitgespielt und im Chor mitgesungen haben. Nun dürfen alle drei in Hauptrollen agieren und sind deshalb bei den derzeit auf Hochtouren laufenden Proben mit Feuereifer dabei.
KOMBINATION VON PROFIS UND LAIEN MACHT FLAIR AUS
In neue Dimensionen dringen die Volksschauspiele Ötigheim mit ihrem diesjährigen Hauptstück Jesus Christ Superstar vor. Wir werden erstmals in großer Form in drei Dimensionen spielen, berichtet Regisseur Manfred Straube am Rande einer Probe. Davor wurde vor dem Haupttrackt der Bühne ein Gerüst aufgebaut, das unter anderem von den verschiedenen Chören der Volksschauspiele bespielt wird.
Die Inszenierung spielt in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, also in der Zeit, in der Andrew Lloyd Webber sein Erfolgsmusical auch geschrieben hat. Ganz im Gegensatz zur ersten Aufführung in Ötigheim aus dem Jahr 2003. Damals hatten wir ein antikes Bühnenbild und im Stück sind römische Soldaten aufgetreten. Jetzt spielt das Stück auf einem belebten Platz irgendwo in Europa, berichtet Manfred Straube. Aus römischen Wachen sind moderne Soldaten geworden und gerade vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen in Nordafrika sieht Straube das Stück aktueller denn je. Allerdings wird es auch einige Effekte aus den Aufführungen vor acht Jahren wieder geben: so darf beispielsweise der große rote Bus (derselbe wie 2003) im Auftaktbild auch dieses Mal nicht fehlen.
Manfred Straube will dieses Jahr die Zuschauer noch mehr miteinbeziehen. Der neu gewonnene Ansatz lautet: wie kann ich das Publikum am besten mitnehmen, berichtet der Erfolgsregisseur. So kommt der Judas dieses Mal beispielsweise direkt aus dem Publikum und kann die bis zu 4.000 Besucher so bestens integrieren. Nicht fehlen dürfen 2011 natürlich auch die Ötigheimer Stärken mit großen Chören und einigen Volksszenen. Mehrere hundert Darsteller werden dann gemeinsam auf der Bühne stehen. Unter ihnen sind insgesamt sechs Profischauspieler, da alle Rollen doppelt besetzt sind.
Ein alter Bekannter im Telldorf ist dabei: Jesusdarsteller Holger Marks, der diese Rolle bereits 2003 mit Bravour ausfüllte. Ihm steht Michael Eisenburger als weiterer Profi zur Seite. Als Judas Ischariot konnten Stefan Vinzberg und Hannes Staffler gewonnen werden, während Florian Kontschak den Kaiphas spielt. Einziger weiblicher Profi ist Nadine Hammer als Maria Magdalena. für Manfred Straube ist die Kombination aus Profis und Laiendarstellern ideal: Beide können viel voneinander lernen, sagt er und tut sich gleichzeitig schwer bei den Ötigheimer Darstellern von Laien zu sprechen: Viele spielen hier auf höchstem Niveau, so dass es für die Zuschauer oftmals nicht möglich ist, Profis von Laien zu unterscheiden, so Manfred Straube. (…)
DER MESSIAS ROCKT
Werke mit geistlichem Hintergrund sind seit jeher Tradition in Ötigheim. Man denke nur an so fabelhafte Inszenierungen wie Franz von Assisi, Moses, Josef Saiers Passion oder eben an Andrew Lloyd Webbers Rockoper Jesus Christ Superstar. 2003 stand die etwas andere Passion in einer Inszenierung von Manfred Straube erstmals auf dem Spielplan der Volksschauspiele Ötigheim und sorgte erst für einen kleinen Skandal und anschließend für ausverkaufte Zuschauerränge.
Unter den Puristen der Passions-Anhänger hatte es seinerzeit nämlich Vorbehalte gegeben, Webbers Version der Leidensgeschichte Christi in Ötigheim zu spielen, was schriftliche Protestbriefe an Pfarrer Erich Penka nach sich zog. Bis zur Premiere hatte sich der Sturm im Wasserglas allerdings gelegt. Donnernder Applaus und im Publikum und wahre Jubelstürme aus den Reihen der Journalisten waren der Lohn für das Wagnis: Der Erlöser bebt und rockt – zum Superstart in Ötigheim (Badische Neueste Nachrichten)
Nach solchen Lobeshymnen war eine Neuauflage der Rockoper beinahe ein Muss. Im Theatersommer 2011 kommen die letzten sieben Tage des Lebens Jesus von Nazareth nun in einer Neuinszenierung auf Deutschlands größte Freilichtbühne. Am Regiepult wird wiederum Manfred Straube Platz nehmen. Sein erklärtes Ziel: Die Passionsgeschichte bewusst in die Gegenwart zu transportieren und aus der Sicht eines Menschen des 20. Jahrhunderts zu erzählen: Wir fragen uns, was geschehen würde, wenn heute ein Messias unter uns leben würde, so Straube.
Natürlich ist die Rockoper mit ihren Ohrwürmern ein ideales Zugpferd für jugendliches Publikum und junge Mitwirkende. 2003 wurde eigens dafür der Junge Chor gegründet. Dieser erfuhr nun eine Frischzellenkur. Über ein Inserat konnten zahlreiche neue Sänger gewonnen werden. Dieser Tage wurde erstmals in großer Runde gemeinsam geprobt.
Bei den Rollenträgern setzt Straube auf hauseigene Kräfte, verstärkt das Ensemble aber auch mit einigen Profisängern: Ich freue mich, das wir mit unseren beiden Judas-Darstellern Hannes Staffler und Stefan Vinzberg, unserem Jesus Michael Eisenburger und Nadine Hammer als Maria Magdalena gleich vier neue Gesichert in Ötigheim präsentieren können. Ein Wiederholungstäter ist übrigens auch noch mit dabei: Holger Marks wird erneut als Jesus von Nazareth zu hören sein. Wir sind schon sehr gespannt!
TROTZ WINTERSCHLAFS REGER BETRIEB
Dort, wo im kommenden Sommer wieder zehntausende Theaterbesucher unterhalten werden wollen, haben derzeit einige hundert Vögel mehrere hundert Quadratmeter ganz für sich alleine. Ab und zu schauen ein paar Menschen vorbei, denn auf Deutschlands größter Freilichtbühne wird das ganze Jahr über gearbeitet. Jetzt legen wir die Grundlagen für eine erfolgreiche neue Theatersaison, berichtet Geschäftsstellenleiter Marc Moll, der sich bereits jetzt über einen hervorragenden Kartenvorverkauf freuen kann.
Seit Mitte Dezember sind rund 65.000 Karten verkauft worden. Das spricht vorallem dafür, dass die Volksschauspiele eine treue Fangemeinde haben, denn viele ordern ihre Tickets, ohne sich überhaupt über die neuesten Stücke informiert zu haben. Das spricht für uns, freut sich Moll.
Die aktuellen Zahlen zeigen, dass das neue Kinderstück Peter Pan bereits jetzt fast ausverkauft ist. Und dies trotz vier Vorführungen, für die es nur noch vereinzelt Karten gibt. Deshalb steht bereits jetzt fest: Peter Pan wird auch in 2012 wieder auf der Ötigheimer Naturbühne aufgeführt.
Die Regie liegt dabei erstmals auf der Freilichtbühne in den Händen von Frank Landua, der die Ötigheimer im vergangenen und in diesem Winter mit Der kleine Horrorladen auf der kleinen Bühne begeistern konnte. Hauptstück ist die Rockoper Jesus Christ Superstar, die bereits 2003 mit großem Erfolg in Ötigheim aufgeführt wurde.
Nach diesem Jahr wird es eine Neuinszenierung unter der Regie von Manfred Straube geben. Die Proben hierzu haben bereits begonnen, auf dem Tellplatz selbst wird traditionell am Ostermontag gestartet. Bis dahin wartet besonders auf den neuen Platzmeister Michael Lerner noch eine Menge Arbeit.
Seit September vergangenen Jahres ist der 37-jährige für die Volksschauspiele aktiv, seit wenigen Wochen trägt er die Verantwortung für die Umbauten in diesem Winter. Ein ganz neues Spektrum an Arbeit, das mich sehr gereizt hat, berichtet der Zimmermannsmeister, der ab Oktober eine Fortbildung zum Meister für Veranstaltungstechnik belegen wird und sich zudem noch als Pyrotechniker fortbilden lassen will. Sollte er hier eine Frage haben, steht ihm Vorgänger Adrian Walz sicher jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Für Jesus Christ Superstar wird vor das Bühnenbild des Doms, das größte Bühnenbild aller Zeiten in Ötigheim, ein Stahlgerüst gebaut, das als zusätzliche Spielfläche beispielsweise für die verschiedenen Chöre der Volksschauspiele dienen wird. Zudem sind in diesem Winter noch kleinere Umbauten im rechten Bühnenteil vorgesehen, wo das Staufferhaus Jesus-Christ-Fit gemacht werden soll.
Im Hintergrund wird im Pferdestall zudem eine neue Decke eingezogen, um weiteren Stauraum zu schaffen. Aktiv sind auf der Freilichtbühne auch schon die Kostümbildner und Schneiderinnen, schließlich wird es auch 2011 wieder viele neue Kostüme zu sehen geben, von denen teilweise mehrere Dutzend gefertigt werden müssen.
Neben Jesus Christ Superstar und Peter Pan wird das Programm in diesem Jahr durch zwei festliche Konzerte ergänzt. Auch hierfür sind bereits fast 80 Prozent der Karten vergriffen.
Drei Gastspiele runden den Theatersommer 2011 ab. Bereits zum elften Mal in Folge wird das Pop-Duo Marshall & Alexander seine Visitenkarte abgegeben. Zudem können sich die Besucher auf die rasante Stepptanzshow Magic of the Dance und das Konzert von Schlagerkönig Semino Rossi mit Gastsängerin Mary Ross freuen.
Für diese Gastspiele sind bereits rund 60 Prozent aller Karten verkauft, so dass die Volksschauspiele schon jetzt mit einem erfolgreichen Theatersommer 2011 rechnen können.