Ein Blick zurück auf unser Programm 2017 Ein Sommernachtstraum
König Theseus will seine Hochzeit mit der Amazonenkönigin Hippolyta feiern. Sie will nicht wirklich, hat aber keine Wahl. Hermia liebt Lysander, soll nach dem Willen ihres Vaters aber mit Demetrius zwangsverheiratet werden. Lysander und Hermia fliehen in den Wald, gefolgt von Demetrius und Helena, die ihrerseits unsterblich in Demetrius verliebt ist. Doch hier wird das Liebeschaos erst richtig kompliziert, treibt doch Puck, Waldgeist und Hofnarr von Elfenkönig Oberon im Gehölz sein Unwesen. Als dann auch noch eine Gruppe von Handwerkern erscheint, überschlagen sich die Ereignisse der Sommernacht!
Traumspektakel und muntere Beziehungskomödie – William Shakespeares Klassiker nach 17 Jahren Abstinenz erneut auf Deutschlands größter Freilichtbühne! Regie führte Thomas Höhne.
Freilichtbühne Ötigheim
Besetzung
Inszenierung Thomas Höhne, Kostüme Ulrike Weßbecher, Bühne Bettina Scholzen, Regieassistenz und Soufflage Jennifer Hofmann, Melanie Wild, Spielleitung Rudi Wild,
PERSONEN
Theseus Alexander Grünbacher, Hippolyta Ulrike Weßbecher, Oberon Eric van der Zwaag, Titania Lissi Hatz, Puck Sarah Becker, Anna Beckert, Madeleine Kühn, Egeus Paul Maier, Lysander Johannes Tüg, Demetrius Julian Baumstark, Philostrates Jannik Friedrich, Hermia Stephanie Kuhn, Helena Leonora Mihajlov, Peter Squenz Roman Gallion, Nikolas Zettel Paul Hug, Frank Flaut Sven Engel, Tom Schnauz Lukas Tüg, Matz Schlucker Felix Hempel, Schnock Gerold Baumstark, Elfen Jessica Engel, Leah Patzelt, Lucy Schindele, Kristin Wegner, Indischer Knabe Chase Tolbert, Militärjeep: Firma Roth Kälteanlagen, Karlsruhe
Impressionen aus dem Stück Bildergalerie
Pressestimmen
WIRBEL MIT SPIELERISCHER HEITERKEIT
Vielleicht ist das in Ötigheim ja alles nur ein Traum, der in großem Jubel aufgeht. Ein Traum, der vielleicht nie so lebendig war wie jetzt. Nach knapp drei Stunden spendet das Publikum im ausverkauften Halbrund der Volksschauspiele stehend Beifall, um dem 40-köpfigen Ensemble zu seiner Deutung von Shakespeares Sommernachtstraum zuzujubeln.
Regisseur Thomas Höhne hatte es im Gespräch zur Generalprobe schon gesagt: Der ‚Sommernachtstraum’ lässt sich nicht auserzählen. Solange wir Menschen sind und damit diese Geschöpfe bleiben, die zwischen Macht und Liebe hin- und hergeworfen werden, wird uns dieser Stoff immer betreffen. Und Höhne hat Wort gehalten. Der Schauspieler und Regisseur schafft hier eine Fantasiewelt, die die natürlichen Gegebenheiten das opulenten Geländes präzise auslotet, zu einem phantastischen Ort magischer Realismen ausgestaltet – und ihn dabei doch nicht überreizt. Es ist ein Ort, der uns betrifft.
Das nimmt schon in der Optik seinen Anfang. Kostümbildnerin Ulrike Weßbecher hat die Elfen- und Menschenwelt mit Stoffen zwischen Naturalismus und Realismus zwar scharf voneinander getrennt, mit dem dreifach weiblichen Puck (Sarah Becker, Anna Beckert und Madeleine Kühn) jedoch eine Figur spielerischer Heiterkeit in die Mitte gesetzt, die beide Seiten kräftig durcheinanderwirbelt, um für eine – durch und durch genießbare – Spannung zu sorgen. Das macht den Ötigheimer Sommernachtstraum auch zu einem Glück zeitloser Gültigkeit. Dass nicht hier oder dort noch ein Ornament angebracht, sondern auf die Wirkungskraft des Textes vertraut wird, die nach wie vor ergiebig ist – jedenfalls, wenn er so lebendig durch die Reihen schallt wie hier.Im durchweg starken Ensemble sind es die leitenden Figuren, die den 160 Minuten vor der großen steinernen Burg Tiefe verleihen und die Wildheit und Humor des Stoffes keineswegs schwächen. Zuvorderst ist da Eric van der Zwaag, der Profi-Gast im ambitionierten Amateur-Ensemble, zu nennen, der den Elfenfürsten Oberon nicht nur Boshaftigkeit und Scharfsinn, sondern auch Verantwortungsbewusstsein und eine emphatische Moral mitgibt, was die Figur zwischen Sorge und Hochmut schweben lässt. Auch die drei Pucks spenden dem Abend durchweg fast schon unverschämt lustige Spitzen eines Humors, dessen guter Geschmack kaum eine Grenze findet. Doch auch und vor allem Paul Hug ist zu loben. Mit welchem Tatendrang er als in der Rolle des theaterbegeisterten Handwerkers Nikolaus Zettel seine Mithandwerker antreibt, jedoch auch selbst zu einer Traumgestalt wird, als er – zum Esel verwandelt – von der Elfenkönigin Titantia (stark, Lissi Hatz) verwöhnt wird: schlichtweg herrlich.
Das die Handlung auslösende Verwirrspiel um zwei junge Liebespaare hat mit Julian Baumstark als Demetrius, Stephanie Kuhn als Hermia, Leonora Mihajlov als grandios zerrissene Helena und Johannes Tüg als strengem Lysander eine Besetzung, die sich ihre Figuren aufs Beste zu eigen macht. Und dann gibt es noch prachtvolle Bilder wie jenes der irrlichternden Elfen am Abhang der Festspielwiese – da ist alles, was einen Shakespeare im besten Sinne ausmachen kann: beherzter Scherz, dramatischer Ernst, tiefgründige Passion und eine Handlungsstringenz, die selbst über die Strecke nichts an Spannung verliert. Was kann, was soll Theater mehr? (Markus Mertens)
AUGEN AUF BEIM NECKISCHEN LIEBESZAUBER
Dass Liebe blind machen kann und in diesem Zustand manche Eselei verübt wird, war schon zu William Shakespeares Zeiten ein alter Theater-Hut. Aus dem gängigen Verwirrspiel um Gefühle und Triebe hat der englische Super-Klassiker eine traumhafte Komödie geschaffen, die als Sommernachtstraum zu den Dauerbrennern gerade auf Freilichtbühnen zählt. Jetzt sind Oberon & Co. bei den Volksschauspielen Ötigheim angekommen – und wieder wirkt der Zauber dieses flotten Klassikers, dem Regisseur Thomas Höhne ein bewusst zeitgemäßes Ambiente verpasst.
Während sich das geisterhafte Herrscherpaar Oberon und Titania samt Puck und Elfenschar in zauberhaften Kostümen (Ulrike Weißbecher) im Märchenwald (Bühne: Bettina Scholzen) tummeln darf, agieren die Liebespaare und Handwerker im modernen Look, Amazonenkönigin Hippolyta gar in Lack und Leder. Auch die heimlichen Stars der Ötigheimer Schauspiele, die Pferde, bleiben diesmal im Stall: Herzog Theseus unterstreicht seine Heerführer-Qualitäten am Steuer eines Militärjeeps, die theaterbegeisterten Handwerker sind mit dem Radl da und sausen – begleitet vom Beifall des Publikums – sportlich über die Szene. Überhaupt verlangt Thomas Höhne von seinen Darstellern einiges an Kondition, denn irgendjemand rennt eigentlich immer jemand anderem hinterher, was bei den Ausmaßen der Freilichtbühne ganz schön anstrengend ist. So bleibt beim Sport einiges an textlichen Feinheiten auf der Strecke. Ein hübscher Gag gelingt Höhne mit dem „dreifachen“ Puck: Sarah Becker, Anna Beckert und Mandeleine Kühn teilen sich die Rolle des süßen Kobolds, der mit seiner falschen Dosierung der magischen Augentropfen das Liebeschaos erst so richtig in Schwung bringt.
Zur Orientierung: Oberon hat wegen eines Lustknaben und anderer Verfehlungen Krach mit Titania. Um die Gattin zu bestrafen, lässt er von Puck die von Amors Pfeil getränkten Blütentropfen besorgen und appliziert sie der schlafenden Titania. Sobald sie die Augen öffnet, wird sie sich in das Gegenüber verlieben – egal, wer und was es ist.
Soweit das Treiben im Märchenwald. Bei den Menschen bahnt sich großes Drama an: Theseus, Herzog von Athen, bereitet seine Heirat mit der eher unwilligen Amazonenkönigin Hippolyta vor. Genervt hört er Egeus‘ Klage über seine ungehorsame Tochter an. Hermia soll Demetrius heiraten, will aber Lysander. Ihre Freundin Helena wiederum hat sich in Demetrius verguckt, der sie ablehnt. Der Herzog setzt Hermia eine Frist von vier Tagen, in denen sie sich entscheiden soll: Demetrius oder Kloster.
Lysander und Hermia beschließen ihre Flucht, Demetrius und Helena verfolgen sie. Die Hochzeitsvorbereitungen versetzen die kleine Handwerker-Laienschar in Lampenfieber: Die Gesellschaft soll mit der Tragödie von „Pyramus und Thisbe“ beeindruckt werden. Geprobt wird im Wald an der Herzogseiche in unmittelbarer nähe von Titanias Ruheplatz. Auch die Wege von Hermia, Helena, Lysander und Demetrius kreuzen sich hier, was Puck zu Höchstleistungen auflaufen lässt: Weber Nikolas Zettel, Superstar der Laienspieler, bekommt von Puck einen Eselskopf, der seine Mitspieler vergrault und Titania vor Liebe erglühen lässt, als sie ihn beim Aufwachen erblickt. Der Wagnersche Venusberg ist eine müde Angelegenheit gegen die geballte Verführungskraft der luftigen Damenwelt.
Da Puck auch die beiden Kampfhähne Lysander und Demetrius mit Augentropfen versehen hat, verlieben die sich prompt über kreuz: Demetrius ist plötzlich scharf auf Helena, Lysander aber auch, und Hermia bleibt außen vor. Als die vier Liebenden nach all dem Rumgerenne erschöpft zusammenbrechen, kann Puck im Auftrag des Geisterkönigs die Ordnung wiederherstellen: Helena bekommt ihren Demetrius, Hermia ihren Lysander, Titania und Oberon versöhnen sich, und beim großen Hochzeitsfest müssen die drei Paare nur noch die sehr eigenwillige Aufführung der Tragödie samt Löwen überstehen, bevor der echte Liebeszauber ins Schloss einzieht.
Als einziger Profi im Bunde dominiert Eric van der Zwaag nicht nur aufgrund seiner Krone das Geschehen. In Lissi Hatz hat er allerdings eine ausdrucksstarke Partnerin zur Seite, die ihre Elfenschar souverän beherrscht. Alexander Grünbacher und Ulrike Weißbecher halten sich als Theseus und Hippolyta vornehm zurück, während Hermia (Stephanie Kuhn) und Helena (Leonora Mihajlov) sowie Lysander (Johannes Tüg) und Demetrius (Julian Baumstark) jugendlichen Liebesüberschwang zeigen. Publikumsliebling ist natürlich Paul Hug, der als theaterbesessener Handwerker und als liebestoller Esel einfach umwerfend agiert, ohne seine munteren Kollegen (Roman Gallion, Sven Engel, Lukas Tüg, Felix Hempel und Gerold Baumstark) zu überspielen. Paul Maier gibt den wütenden Vater Egeus im Mafia-Look, Jannik Friedrich hat als Zeremonienmeister Philostrates kein leichtes Amt in diesem Wirrwarr. Das Premierenpublikum hatte seine helle Freude an diesem Traumerlebnis. (Irene Schröder)