Moral und Ordnung als Lebenselixier Zum Inhalt der Komödie „Das Haus in Montevideo“ Über die Komödie „Das Haus in Monte- video“ von Curt Goetz lacht das Publi- kum seit nunmehr 70 Jahren. Und das nicht ohne Grund. Wenn einem Moral- apostel wie dem despotischen Profes- sor Nägler seine vermeintlichen Tugen- den über die Habgier und intellektuelle Haarspalterei verloren gehen, so ist das Stoff genug für eine beißende Gesell- schaftskomödie, die auch heute nichts von ihrem Witz und ihrer Ironie verloren hat. Denn wie heißt es so schön: Wer mit dem Finger auf andere zeigt sollte nicht vergessen, dass dabei drei Finger seiner Hand auf ihn selbst gerichtet sind. Professor Traugott Hermann Nägler führt mit seiner Frau Marianne und zwölf wohlgeratenen Kindern ein beschauli- ches Kleinstadtdasein und übertreibt es bisweilen mit der Sittsamkeit. Daher war er auch federführend beteiligt, als seine Schwester Josefine mit 17 Jahren davongejagt wurde, weil sie ein uneheli- ches Kind erwartete. Nun, da die Schwester verstorben ist, winkt Näglers ältester Tochter Atlanta ein saftiges Erbe. Allerdings müssen sich Vater und Tochter hierzu nach Montevideo bege- ben, dem Wohnort der verstoßenen Tante. In Uruguay angekommen, muss Nägler erkennen, dass das Erbe aus ei- nem Haus besteht, das er zunächst für ein Bordell hält, sich dann aber als Heim für alleinstehende Mädchen entpuppt. Er erfährt aber auch, dass es außerdem 750.000 Dollar zu erben gibt – Voraus- setzung dafür ist allerdings, dass sich innerhalb einer festgelegten Frist in der Familie der gleiche Fehltritt ereignet, der damals bei seiner Schwester zum Eklat führte. Nägler ist zwischen der Aussicht auf Geld und seiner Moral hin- und her- gerissen. 1888 in Mainz geboren, zählt Curt Goetz zu den wichtigsten Vertretern der gehobenen deutschen Boulevardkomö- die. Standen am Anfang seiner schrift- stellerischen Karriere Einakter im Mittel- punkt, etablierte er sich ab 1921 auch als Autor abendfüllender Stücke, wobei sich das Allroundgenie Goetz viele Hauptrollen selbst „auf den Leib" schrieb. So auch bei „Das Haus in Mon- tevideo“, das 1945 in New York mit Curt Goetz und seiner Frau Valérie von Mar- tens in den Hauptrollen unter dem Titel „It’s a gift“ Premiere feierte und 1946 erstmals im deutschsprachigen Raum gezeigt wurde. 1951 verfilmte Curt Goetz das Theaterstück. Zwölf Jahre später schrieb und inszenierte Helmut Käutner das Remake mit dem deutschen Schauspielstar Heinz Rühmann in der Hauptrolle. 9